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Ölundichtigkeiten beim Zweizylindermotor DAF 44

Teil 1

Da der Motor meines weißen 442203 Anfang 2022 zunehmend inkontinent wurde, ohne dass aufgrund der vollverkleideten Bauart äußerlich sofort erkennbar gewesen wäre, wo genau die Undichtigkeit liegt, habe ich auf Verdacht einige Dichtungen gewechselt als da wären:
- Hüllrohrdichtungen
- Dichtungen unter den Böcken der Kipphebelwelle
- vorderer Kurbelwellen-Simmerring

Aus Faulheitsgründen habe ich den Motor allerdings nicht ausgebaut, sondern nur die Zylinderköpfe etwas abgezogen:

Dabei ist mir aufgefallen, dass eine Stößelstange eine lose Endkappe hatte, also die ist einfach runtergefallen:

Außerdem war die innen praktisch ölfrei, was nicht gut ist ... sodass ich eine neue einsetzte.

Weiterhin fiel auf, dass sich der Öldruckschalter von Hand rausdrehen ließ, was natürlich zwangsweise zu Inkontinenz führt.
Nach dem sorgsamen Festziehen blieb das Gewinde dann vollkommen trocken, aber der Schalter ölte weiter - und zwar durch das Schaltergehäuse:

OK, so ein Schalterlein kann ja problemlos erneuert werden.

Die originalen Öldruckschalter wurden übrigens von Messmer in Radolfzell am Bodensee gefertigt. Auch ein schönes Stück Industriegeschichte:

Da mir für den vorderen Kurbelwellen-Simmerring der originale Eintreiber fehlt (und ich zu faul war, die Drehbank anzuwerfen, um einen herzustellen), habe ich den neuen mithilfe des alten eingehämmert. An einer Stelle (außen rechts) ist das nicht so toll geworden, aber beim ersten Probelauf schien es dicht zu sein:

Und da ich schon dabei war, habe ich auch gleich noch das "Vogelbekje" erneuert:

 

Teil 2

Nach den im ersten Teil beschriebenen Bemühungen hoffte ich, dass der Motor nun vollständig trocken sein würde. Leider war das Gegenteil der Fall - er ölte schlimmer als je zuvor!

Mein erster Verdacht war, dass der damalige Probelauf ohne Zwangskühlung vielleicht etwas zu lange gedauert hatte und einige Kunststoffdichtungen verschmort sein könnten. Eine Sichtung ergab jedoch, dass der Zylinderfuß und die Dichtungen der Hüllrohre dicht waren. Es ölte stattdessen an den jeweils äußersten Kühlrippen (hier ein Bild des fahrerseitigen Zylinders von hinten):

Somit lag der Verdacht auf den kleinen Dichtringen um die unteren Zylinderspannbolzen unter den Böcken der Kipphebelwelle (im Bild die Nr. 16 "Nylon-Dichtung").

Diese hätten aufgrund der eingangs erwähnten Temperaturbelastung verschmort sein können.
Beim Ausbau der Kipphebelwelle (die oberen Zylinderspannbolzen wurden nicht gelöst) zeigte sich jedoch, dass diese Nylon-Dichtungen noch genau die Abmessungen und die Geschmeidigkeit hatten wie die im Magazijn neu gekauften. Da sie aber beim Herausziehen mit einer großen Nadel etwas beschädigt wurden, habe ich sie erneuert.

Um die Abdichtung zu verbessern, habe ich nun versuchsweise auf der Fahrerseite etwas Dichtmasse (Dow Corning 732) in die Bohrungen um die unteren Spannbolzen hineingedrückt und dann die Dichtung und die U-Scheibe eingesetzt.

Seit dieser Behandlung war die Fahrerseite absolut dicht!

 

Teil 3

Auf der Beifahrerseite wollte ich es einfacher versuchen, denn meine Vermutung war, dass die Dichtungen aufgrund von ungünstiger Toleranzlage der beteiligten Bauteile nicht genug in ihren Sitz und gegen die Zylinderspannbolzen gedrückt wurden.

Also legte ich einfach zwei zusätzliche - also insgesamt drei - Unterlegscheiben (die Nr. 15 in obiger Explosionszeichnung) auf jede Dichtung. Und siehe da: Seither ist auch die Beifahrerseite fast vollständig trocken!

Abschließend und mit Gewissheit sagen kann ich es zwar noch nicht, da ich nach diesem Wechsel nur noch wenige Kilometer gefahren bin und in den Rippen und dem Verkleidungsfilz natürlich noch letzte Ölreste verblieben waren, aber ich bin doch sehr optimistisch.

Geschichtlicher Überblick zu der betroffenen Abdichtstelle

Um die Zylinderspannbolzen befanden sich anscheinend nicht schon immer die gezeigten Nylon-Dichtungen, denn in den Technische Informaties No. 5-66 aus dem Jahr 1966 steht zu lesen:
"Ab Motornummer 750 AH 154387 sind unter den Kipphebelwellen-Stützen Dichtringe montiert, um eine bessere Öldichtung zu erzielen, und es sind der Zylinderkopf und die Kipphebelwellen-Stützen hieran angepasst."

Aus diesem Grunde argwöhne ich, dass die ersten DAF-Zweizylinder relativ inkontinent gewesen sein dürften - was damals aber wohl niemanden gestört hat.

Durchschlagenden Dichterfolg scheint diese Maßnahme aber nicht gehabt zu haben, denn bereits 1968 steht im Service Bulletin E.2-018 das Folgende:
"Ab Motornr. 850 AF - 035370 wurden geänderte Kipphebel montiert am Ventilmechanismus [...].
Jedoch soll, damit eine bessere Ölabdichtung bekommen wird, eine zusätzliche metallene Unterlegscheibe (Bestellnr. 224524) angebracht werden zwischen der Kipphebelstütze und dem Nylonring, welcher sich befindet in der Aussparung des Zylinderkopfs. Es empfiehlt sich, diese Unterlegscheibe auch bei der alten Ausführung anzuwenden." (Anm.: diese Änderung betrifft auch die 750-ccm-Motoren, aber mir ist die genaue Motornr. nicht bekannt).

Allerdings waren die Dichtungen, die ich bei diesem Motor von 1974 ausbaute, keinesfalls nur einfache Nylon-Ringe! Vielmehr handelte es sich um schwarze Dichtungen mit einer Kupfereinlage:

Ich vermute, dass die Nylon-Dichtringe also trotz zusätzlicher U-Scheiben die ihnen zugedachte Aufgabe nicht stets zur vollsten Zufriedenheit auszuführen vermochten, sodass man bei DAF mit diesen aufwändigeren Dichtungen experimentierte ...

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